In der fünften Runde des FA Cups reist Tottenham am Dienstagabend in den englischen Norden zum FC Middlesbrough. Nicht nur zur Wahrung der letzten Titelchance in dieser Saison ist die Partie eine Pflichtaufgabe für die Spurs. In unserer Vorschau lest ihr alles Wichtige zum Spiel.
Es ist wieder soweit: die Saison biegt langsam aber sicher auf die Zielgerade ein, verschmerzbare Niederlagen oder gar unwichtige Spiele gibt es jetzt nicht mehr. Jeder Punkt zählt im Rennen um die Champions League oder in der Jagd nach einem Pokalwettbewerb. Umso schmerzhafter als Spurs-Fan, dass die Mannschaft es in den vergangenen Jahren leider viel zu oft geschafft hat, in dieser “Crunchtime” einen Gang zurück zu schalten, was von vermeintlich kleineren Teams gnadenlos bestraft werden kann. Ein genau solcher Gegner wartet am Dienstagabend um 20:55 im Riverside Stadium von Middlesbrough auf die Spurs, wenn es gegen den Zweitligisten FC Middlesbrough um den Einzug ins FA-Cup Viertelfinale geht. Ungute Erinnerungen werden wach an die FA-Cup Saison 2019/20, als man sich mit nur Mühe und Not und einem Wiederholungsspiel an der White Hart Lane gegen Middlesbrough durchsetzen konnte. Damals bestand unser Mittelfeld noch aus Lamela, Eriksen und Lo Celso… time flies.
Doch die Vorzeichen, dass sich die Geschehnisse von damals nicht wiederholen, stehen eigentlich ganz gut: Harry Kane ist in unglaublicher Form und wird (sofern er denn spielt) die Abwehr Boro’s vor Probleme stellen, Neuzugang Kulusevski hat direkt eingeschlagen und an der Seitenlinie steht nicht mehr Jose Mourinho, sondern Antonio Conte. Doch Tottenham wäre nicht Tottenham, wenn es nichts zu meckern gäbe. Die Auftritte der Spurs in den vergangenen Wochen gegen die Teams aus der unteren Tabellenhälfte offenbarten die Schwachstellen der Mannschaft gegen Gegner, die unermüdlich anliefen oder leidenschaftlich mit der gesamten Elf verteidigten. Tottenham reist daher mit gemischten Gefühlen und einer gemischten Bilanz aus den letzten Spielen gen Norden, denn trotz des überzeugenden 4:0 Sieg gegen Leeds am vergangenen Spieltag und dem phänomenalen 3:2 gegen Manchester City sind die Niederlagen gegen Southampton, die Wolves und Burnley sowie die Aussagen Contes gegenüber den Medien noch immer präsent, und um diese Wunden verheilen zu lassen bräuchte es wohl einen wirklich nachhaltig guten Lauf an Ergebnissen.
Insofern ist der kommende Gegner zumindest auf dem Papier kein schlechtes Los. Der FC Middlesbrough (kurz “Boro”) belegt derzeit mit 52 Punkte aus 33 Spielen in der Championship den achten Rang und kämpft um einen Platz in den Aufstiegs-Playoffs. Nach einem mittelmäßigen Saisonstart trennte sich der Verein im November vom Aufstiegsexperten Neil Warnock (Cardiff 18/19, anyone?) und holte mit Ex-Sheffield Trainer Chris Wilder den nächsten Aufstiegsexperten, um nach fünf Jahren Zweitklassigkeit wieder in die Premier League zurückzukehren. Nachdem Warnock es zu Beginn der Saison mit einer Viererkette probiert hatte, setzt Wilder seither auf das 3-5-2. Es könnte also gut sein, dass sich die Aufstellungen am Dienstag spiegeln werden, wenn Conte ebenfalls an seinem System festhält. Für Boro stehen im Monat Februar zwei Niederlagen, ein Unentschieden und drei Siege zu Buche – einer davon in der vierten Runde des FA-Cups gegen Manchester United im Elfmeterschießen. Ein Auge behalten sollte man nicht nur auf Boros Top-Torjäger in dieser Saison, den von Sporting ausgeliehenen Slowenen Andraz Sporar, sondern auch auf den Mittelfeldmann Matt Crooks, der nach Rotsperre gegen Tottenham zurück in der Startelf erwartet wird und diese Saison ebenfalls bereits acht Mal getroffen hat.
Doch wen wird Antonio Conte aufs Feld schicken? Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel verriet er zumindest, dass es keine neuen Verletzten gibt. Somit fehlen weiterhin Tanganga, Skipp, Lucas Moura und Bentancur. Der vermeintliche schlechtere, zweitklassige Gegner lädt zur Rotation ein, was jedoch schnell nach hinten losgehen kann. Und die Terminierung des nächsten Ligaspiels gegen Everton am nächsten Montag lässt eigentlich genügend Zeit zur Regeneration. Insofern wird Conte wohl keine Experimente machen, zumal sich Tottenham wie in der Einleitung angesprochen keine Fehler mehr erlauben kann. Ein paar Positionen dürften dem Italiener dennoch Kopfschmerzen bereiten. Die Besetzung der Wingback-Position, die für Contes taktisches System so elementar ist, war bisher immer ein riesiges Problem. Doch Sessegnon und Doherty haben sich beim Sieg gegen Leeds mit starken Leistungen definitiv für weitere Einsätze beworben. Gleichzeitig sitzt mit Reguillon unser theoretisch stärkster Linksverteidiger auf der Bank. Und auch Steven Bergwijn dürfte mit seiner aktuellen Einsatzzeit nicht zufrieden sein und sich eine Chance im Pokalwettbewerb erhoffen.
Es bleibt also abzuwarten, ob Conte sich auf irgendwelche Experimente einlässt. Und es bleibt auch abzuwarten, ob die Mannschaft dasselbe Gesicht wie gegen Leeds oder wie gegen Burnley zeigt. Ein angenehmer Gegner wird Boro sicherlich nicht, und sie zu unterschätzen wäre ein Fehler. Antonio Conte sagte nach dem Sieg gegen Leeds, dass die Mannschaft so langsam seine Spielphilosophie und den Einsatz der Außenverteidiger verstanden habe. Wollen wir es hoffen, denn ansonsten könnte Tottenham wieder mal die letzte Titelchance der Saison verspielen.
Die Partie verfolgt ihr in Deutschland live auf DAZN, Anpfiff ist um 20:55.
So könnte Tottenham spielen: Lloris, Sessegnon, Davies, Dier, Romero, Doherty, Hojbjerg, Winks, Son, Kane, Bergwijn.