Tottenham verliert in der fünften Runde des FA Cups mit 1:0 nach Verlängerung gegen den Zweitligisten aus Middlesbrough und ist somit aus allen Pokalwettbewerben ausgeschieden. Alles Wichtige zu einer Leistung zum Vergessen lest ihr in unserem Matchbericht und unser Einzelkritik.
Diese Niederlage sitzt, und zwar richtig. Ich hatte im Vorfeld der Partie in der Vorschau geschrieben, dass Conte aufpassen sollte, keine Experimente mit der Startelf zu machen. Als ich dann jedoch die Aufstellung gesehen habe, habe ich großzügig und optimistisch ein 3:0 für Tottenham prognostiziert, immerhin schickte Conte gestern mit Ausnahme der aktuell Verletzten doch die eigentlich beste Elf aufs Feld. Oh, wie falsch ich doch lag. Nach einer unauffälligen ersten Hälfte, in der Boro zwar offensiv kaum stattfand, hinten aber auch nicht viel zuließ, steigerten sich die Gastgeber in der zweiten Hälfte deutlich. Vor allem der Wille und die nötige Intensität war bei den Gastgebern zum Ende des Spiels mehr vorhanden, während Tottenham zwar im Verlauf des Spiels mehrere Großchancen hatte (vor allem Doherty & Son), diese aber teils tragisch vergab und den Gegner zu keinem Zeitpunkt wirklich einschnüren konnte. Nachdem Lloris dann kurz vor Schluss während einer Drangphase Boros mit einigen enorm wichtigen Paraden die Verlängerung rettete, wussten alle erfahrenen Tottenham-Fans eigentlich schon Bescheid. Das wird nichts mehr. Und es kam wie es kommen musste, in der 107. Minute ging Boro durch das Academy-Eigengewächs Josh Coburn in Führung. Ein Gegentor, bei dem unsere komplette Defensive nicht gut aussah.
Nach einer Mannschaftsleistung über 120 Minuten, nach der die Fans vor Ort und vorm Fernseher wohl gerne ihr Geld und ihre Zeit zurückhätten, hängen (wieder einmal) bedrohlich dunkle Wolken und viele Fragezeichen über Tottenham. Warum tun wir uns gegen tiefe stehende, defensivere Gegner so schwer? Ist der aktuelle Kader womöglich qualitativ zu schwach, um Contes Spielphilosophie und Formation umzusetzen? Braucht es einen Systemwechsel? Fragen über Fragen, denen wir uns bestimmt auch in Zukunft ausführlicher im Podcast widmen werden. Es sei an dieser Stelle auch ein anerkennendes Lob an Middlesbrough ausgesprochen, die leidenschaftlich und stark gespielt haben, allerdings meinem persönlichen Empfinden nach auch sehr viele unnötige Provokationen und Fouls begangen haben, die dem Spiel zuweilen einen recht hitzigen Charakter gegeben haben. Es wäre zu einfach, die Niederlagen der letzten Wochen alleine an schlechten Einzelleistungen festzumachen (auch wenn da gestern wieder einmal ein paar Kandidaten dabei waren). Auch mental scheint es aktuell nicht zu stimmen, und wir kriegen keine zwei guten Leistungen aneinandergereiht. Und auch Antonio Conte wirkte gestern an der Seitenlinie mitunter ratlos. In der Pressekonferenz nach dem Spiel ging Conte dann auf besagten mentalen Aspekt ein, und sprach von dem Umgang mit der Mannschaft mit Zuckerbrot bzw. Peitsche.
Was bleibt am Ende übrig? Tottenham ist aus allen Pokalwettbewerben raus, und kann diese verrückte Saison jetzt nur noch in der Liga geradebiegen. Es wird ein weiteres Jahr ohne Silbernes werden, was zwar irgendwie zu erwarten war, gleichzeitig aber natürlich trotzdem schmerzhaft ist. Immerhin, Conte betonte gegenüber der Presse auch sein Wille und sein Commitment, mit den Spielern zu arbeiten und den Verein weiterzubringen. Das haben wir angesichts der aktuellen Leistungen wohl auch dringend nötig.
Die Einzelkritik
Die Einzelnoten reichen von 1 (Unterirdisch) bis 10 (Weltklasse) und entsprechen lediglich der subjektiven Einschätzung des Autors.
Hugo Lloris: 6/10 – Über weite Strecken des Spiels wenig gefordert, zeigte aber zum Ende der regulären Spielzeit einige starke Paraden, die Tottenham in die Verlängerung retteten.
Ryan Sessegnon (bis 80. Minute): 4/10 – Hatte in der ersten Hälfte einige gute Ballaktionen und Dribblings, insgesamt aber mit wenig Einfluss aufs Spiel.
Christian Romero: 5/10 – Wurde über weite Strecken des Spiels seiner Rolle als Aufräumer da hinten gerecht, zeigte einige gute Balleroberungen und Tacklings und versuchte, sich auch offensiv einzuschalten. Sah beim Gegentor (wie der Rest der Abwehr) nicht besonders gut aus.
Eric Dier 4/10 – In der ersten Hälfte sehr blass, im zweiten Durchgang besser. Wieder mal ein super Freistoß von ihm. Da fragt man sich, was der Junge noch tun muss, um endlich die Freistöße schießen zu dürfen? Beim Gegentor ebenfalls unglücklich.
Ben Davies 4/10 – Unauffälliges Spiel des Walisers. Machte ein paar gute Tacklings, nach hinten aber vereinzelt mit Wacklern. Wie Dier und Romero beim Gegentor keine gute Figur.
Matt Doherty bis 80. Minute: 5/10 – War in der Anfangsphase einer der Aktivposten im Spiel nach vorne. In seiner Leistung ambivalent: einige gute Ideen, Dribblings und Läufe, aber auch viele kleine Unsicherheiten. Vergab in der ersten Hälfte eine gute Gelegenheit.
Harry Winks: 3/10 – Ein Spiel zum Vergessen. In Hälfte eins abgemeldet, konnte im Spiel nach vorne nichts beitragen. In der zweiten Halbzeit unzählige Wackler, Fehlpässe und Fouls. In meinen Augen ist Winks einer der Gründe, warum wir aktuell kaum Chancen kreieren.
Pierre-Emile Hojbjerg: 5/10 – Zumindest was den Einsatz anging eine akzeptable Leistung. Zeigte in Abwesenheit von Winks im Mittelfeld immerhin eine gewisse Präsenz. Letzte Saison noch einer der unangefochtenen Leistungsträger, gerät der Däne immer mehr in die Kritik.
Dejan Kulusevski: 6/10 – In meinen Augen der beste Offensivmann auf dem Platz. Brachte sich viel ein, lief die Gegner auch in der Verlängerung noch an. Hatte nach vorne einige Aktionen, die jedoch leider keine Früchte trugen.
Son Heung-Min: 2/10 – Ich kann mich nur schwer an eine schlechtere Performance von Son in einem Spurs-Trikot erinnern. In Halbzeit eins unsichtbar, zum Schluss dann viele Chancen kläglich liegen gelassen. Brachte in der Verlängerung keinen simplen Pass mehr zustande. Hatte heute wohl einen Wettschein gegen uns.
Harry Kane: 5/10 – Ein unauffälliges Spiel unserer Nummer 10, der am Wochenende gegen Leeds wieder mal seine Weltklasse bewiesen hatte. Wurde nur selten gefährlich angespielt, versuchte daher einige Male selbst ins Mittelfeld zu fallen und den entscheidenden Pass zu spielen. Nach einer Ecke zappelte ein Ball von ihm im Netz, wurde jedoch zurückgepfiffen.
Bergwijn (ab 80.): 5/10 – Brachte nach seiner Einwechslung neue Dynamik ins Spiel, die er jedoch nicht über die gesamte Dauer der Verlängerung aufrechterhalten konnte.
Emerson Royal (ab 80.): 2/10 – Das Kapitel Emerson Royal und Tottenham hat gerade erst angefangen, da wünschte ich, es wäre schon wieder vorbei. Erneut eine fahrige Leistung des Brasilianers, der offensiv wieder einmal keine Akzente setzen konnte und nach hinten ebenfalls eine Schwachstelle ist. Hebte beim Gegentor das Abseits auf.
Reguilón, Scarlett – keine Note